Gemeinsam gegen Sexismus
30 Massnahmen gegen Sexismus
Sexismus und sexuelle Belästigung in unserer Gesellschaft sollen frühzeitig erkannt, aufgezeigt und wirksam bekämpft werden. Wie dies gelingen kann, haben das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e. V. (EAF Berlin) erarbeitet.
Dazu wurde eine Handreichung mit 30 Massnahmen gegen Sexismus erstellt.
Der Download der Handreichung ist unter www.dialogforen-gegen-sexismus.de möglich.
Im Folgenden erfahren Sie mehr über die vom BMFSFJ durchgeführten Dialogforen gegen Sexismus und ihre Ziele:
Die Dialogforen gegen Sexismus
Ob am Arbeitsplatz, in den Medien, im kulturellen Bereich, in der Öffentlichkeit, in der Werbung
oder in der Politik: Sexismus ist in unserer Gesellschaft leider weit verbreitet. Menschen werden
aufgrund ihres Geschlechts herabgewürdigt – insbesondere Frauen sind davon betroffen. Die
Übergänge zu sexueller Belästigung und Gewalt sind dabei fließend. „Wir wollen Sexismus bekämpfen,
Maßnahmen dagegen entwickeln und erfolgreiche Projekte fortführen“, heißt es deshalb
im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung.
Aktiv gegen Sexismus vorgehen
„Diesen Auftrag haben wir angenommen. Wir haben Dialogforen gegen Sexismus ins Leben gerufen
und 30 Maßnahmen gegen Sexismus erarbeitet“, erklärt Stefanie Lohaus von der Europäischen
Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e. V. (EAF Berlin). Sie ist Projektleiterin
der Initiative, die durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
gefördert wird. Von September 2020 bis April 2021 haben die Expertinnen und Experten der
Dialogforen zunächst bestehendes Wissen und gute Praktiken gegen Sexismus zusammengetragen
und dann im Rahmen von Workshops geclustert.
Die einzelnen Dialogforen führten sie mit zahlreichen Organisationen und Personen aus Wirtschaft,
Politik, Medien, Kultur und Zivilgesellschaft durch. „Es war nicht schwer, Kooperationspartnerinnen
und -partner für die Dialogforen zu finden. Wir hatten häufig das Gefühl, offene Türen
einzurennen“, schildert Lohaus. Sexismus in der Arbeitswelt, in Kultur und Medien sowie im öffentlichen
Raum bildeten die jeweiligen Schwerpunktthemen, da die Problematik in diesen Bereichen
am häufigsten wahrgenommen wird. Das belegt die vom BMFSFJ veröffentlichte Studie „Sexismus
im Alltag: Wahrnehmungen und Haltungen der deutschen Bevölkerung“ aus dem Jahr 2020.
Die Ergebnisse der Dialogforen haben die Expertinnen und Experten in einem strukturierten Leitfaden
zusammengetragen, der als ausführliche Langversion bzw. kompakte Kurfassung unter www.
dialogforen-gegen-sexismus.de zum Herunterladen bereitsteht. Interessierte können sich einen
schnellen Überblick über Sexismus in unserer Gesellschaft verschaffen, rechtliche Grundlagen
nachlesen und sich über dessen Auswirkungen informieren. Der Hauptfokus der Publikation liegt
auf klaren Handlungsempfehlungen, erfolgreichen Praxisbeispielen und wirksamen Maßnahmen,
an denen sich Betroffene, Arbeitgebende und auch Verantwortliche in Kultur und Öffentlichkeit orientieren
können.
Hauptproblem: Arbeitsplatz
In den vergangenen Jahrzehnten wurden gerade im Berufsleben bereits viele Anstrengungen unternommen,
um Sexismus zu bekämpfen. Laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind
Arbeitgebende grundsätzlich verpflichtet, ihre Beschäftigten vor sexueller Belästigung zu schützen.
„Viele Arbeitgeber sind in den letzten Jahren bereits aktiv geworden“, meint Lohaus. Allerdings
zeigte sich in den Dialogforen, dass gerade kleinere und mittlere Arbeitgebende häufig Nachholbedarf
bei der Umsetzung geeigneter Maßnahmen hätten. Laut der angesprochenen Studie erleben
41 Prozent der Frauen gegenwärtig sexistisches Verhalten am Arbeits- oder Ausbildungsplatz
und nach wie vor verhindert Sexismus, dass Frauen Führungspositionen übernehmen.
Im Rahmen der Initiative „Stärker als Gewalt“ stellt das BMFSFJ Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern
daher in einer bundesweiten Kampagne ein Aktionspaket bereit. Darin enthalten sind individualisierbare
Vorlagen, Praxisbeispiele, Anregungen und Informationsmaterialien zur internen und
externen Kommunikation und natürlich zur weiteren Verbreitung. Dazu gehört auch eine spezielle
Handreichung, die die Expertinnen und Experten im Rahmen der Dialogforen entwickelt haben:
„Gemeinsam gegen Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“. All dies soll dabei unterstützen,
Beschäftigte – insbesondere Frauen – in ihrem Arbeitsalltag im Büro, an der Kasse, in der
Produktion oder in der Videoschalte besser vor Sexismus und sexueller Belästigung zu schützen.
Ziel muss es sein, in allen Unternehmen und allen Branchen eine respektvolle Umgangskultur zu
pflegen.
Sexismus in Kultur und Medien
Die #MeToo-Bewegung, deren Hashtag bereits im Jahr 2006 ins Leben gerufen wurde, ist aus der
gesellschaftlichen Debatte nicht mehr wegzudenken. Sie hat weltweit den Blick auf Sexismus insbesondere
in Kultur und Medien geschärft. Als Folge verabschiedete beispielsweise das EU-Parlament
vor vier Jahren eine Resolution zur Aufklärung von Belästigung und sexuellen Übergriffen.
Die Kultur- und Medienbranchen tragen bei der Bekämpfung von Sexismus eine ganz besondere
Verantwortung, denn sie transportieren und multiplizieren Botschaften. Sie erzählen Geschichten,
schaffen Bilder, die unsere Normen, Vorstellungen und Emotionen von Geschlechtern bewusst
oder unbewusst prägen, und können dazu beitragen, historisch gewachsene Geschlechterstereotype
zu überwinden. Wie dies gelingen kann, zeigt der vom BMFSFJ und der EAF Berlin erarbeitete
Leitfaden auf.
Sicherheit und Wohlfühlen in der Öffentlichkeit
Sexismus im öffentlichen Raum kann sich in völlig unterschiedlichen Facetten äußern – ob sexistische
Außenwerbung oder historisch gewachsene Stadt- und Verkehrsplanungen, die bis heute
nicht auf die jeweiligen Geschlechterbedürfnisse ausgerichtet sind. Auch damit haben sich die
Fachleute in den Dialogforen auseinandergesetzt. Laut einer repräsentativen Umfrage haben rund
36 Prozent der befragten Frauen bereits sexuelle Belästigung, Verfolgung und Bedrohung an öffentlichen
Orten oder in öffentlichen Verkehrsmitteln erlebt. Jede zweite Frau fühlt sich auf der
Straße unsicher. Aus Furcht vor sexueller Belästigung vermeiden viele sogenannte Angsträume,
etwa unbeleuchtete Parkwege, einsame Unterführungen, bestimmte Straßen oder
Haltestellten, bzw. verzichten bisweilen auf die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Sexistische Werbemaßnahmen hingegen, die mancherorts nach wie vor zu finden sind, stellen
keinen Sicherheitsfaktor dar, aber sie schmälern das Wohlbefinden im öffentlichen Leben. Einige
Städte und Kommunen haben deswegen bereits Beratungs- und Beschwerdestellen eingerichtet,
an die sich Bürgerinnen und Bürger wenden können. Lohaus zieht ein gesellschaftliches Resümee:
„In modernen Demokratien ist Sexismus nicht hinnehmbar.“ Die Politik kann als Gesetzgeber
den rechtlichen Rahmen setzen, aber um sexistisches Denken und Stereotype langfristig aus Köpfen,
Organisationen, Unternehmen und Institutionen zu verbannen, brauchen wir erheblich mehr
Kraft: Jede und jeder Einzelne ist gefordert, bei Sexismus und sexueller Belästigung in unseren
Strukturen hinzusehen und derartigem Verhalten entschieden entgegenzutreten.